31.03.2011

Malmoe-Gespräch: Die Normalität bestreiken

malmoe.org/artikel/alltag/2190

Am 1. März 2011 fand – nach ähnlichen Aktionen in den USA, Frankreich oder Italien – nun erstmals auch in Österreich ein „Transnationaler Migrant_innenstreik“ für gleiche Rechte und gegen Rassismus statt. Grundlegend dafür war die Überzeugung, die gesellschaftliche Problemstellung umzubenennen: weg von der Inszenierung von Migration als Problemfeld hin zur Denunzierung des politischen Systems als Problemfeld, welches Ausschlüsse produziert. Unter dem Motto: „Wir sind hier. Ausschluss Basta!“ fanden dezentrale Aktionen wie etwa Betriebsversammlungen statt und wurde am Viktor-Adler-Markt gemeinsam Präsenz gezeigt und der Tag gefeiert. Die Aufrufe verschiedener politischer Kontexte wie migrantischer Selbstorganisationen und antirassistischer Zusammenhänge zum 1. März stellten unter anderem den Versuch dar, einen symbolischen, politischen und möglicherweise historischen Tag für gleiche Rechte und gegen Rassismus zu etablieren. MALMOE bat einige Personen, die an den Vorbereitungen beteiligt waren, zum Gespräch über erste Einschätzungen des Aktionstags und den ihm vorangegangenen Prozess.

MALMOE: Was waren für euch die wichtigsten politischen Momente in der Vorbereitung, der Organisierungs- und Mobilisierungsarbeit zum „Transnationalen Migrant_innenstreik“?

Petja Dimitrova: Entscheidend war erstens die Überzeugung all jener, die mitarbeiten und mitgearbeitet haben, dass es notwendig ist, mindestens einen Tag im Jahr für die emanzipatorische Bedeutung von Migration und die Sichtbarkeit von Migrant_innen zu etablieren und gemeinsam zu tragen. Dazu kam die Überlegung, das es kein „ethnischer Streik“ sein soll, sowie der Wunsch, dem ganzen Mist, der über uns geredet wird, ein Ende zu setzen. Weiters war bemerkenswert, dass es ein enorm produktives Arbeitsklima gab und Prozesse geschaffen wurden, in denen sich viele politische Kräfte – in erster Linie von unterschiedlichen Migrant_innenvereinen und linken Aktivist_innen – gebündelt haben.

Zoraida Nieto: Die Politik im Lande zwingt Migrant_innen in untergeordnete Positionen. Einer der Bereiche, in dem dies am stärksten der Fall ist, ist jener der Arbeit. Viele Menschen mit migrantischem Hintergrund werden hier in Randbereiche und Abhängigkeit von Arbeitsgeber_innen gedrängt, auch in Arbeitslosigkeit, die sie marginalisiert, ausschließt und quasi trotz ihres legalen Status illegalisiert. Die Lage von Student_innen und jungen Schüler_innen, Migrant_innen der Ersten und Zweiten Generation machten es klar, dass diese Ausschlüsse sehr eng mit einer zu hinterfragenden „Integration“ in Zusammenhang stehen. Auch in der Migrations- und Asylpolitik werden gravierende und menschenunwürdige Entscheidungen getroffen. Dies alles erfährt keine adäquate politische Öffentlichkeit. Migrant_innen werden davon abgehalten, eine eigene Meinung zu den derzeitigen Verhältnissen zu äußern! Aber viele Migrant_innen aus unterschiedlichen Gruppen kritisieren die Situation. Mit dem 1. März hielten wir der verschwiegenen Position, in der Migrant_innen in Angst gehalten werden, mit Mut etwas entgegen, um gemeinsam mit allen, die betroffen sind, das Gesicht zu zeigen. Für mich persönlich war es entscheidend, dass wir alles im Griff hatten und gut vorbereitet waren. Gerade wo von uns Meinung verlangt wurde, gingen wir „nach außen“ und haben viele Menschen angesprochen.

Can Gülcü: Für mich war eine zentrale Stärke der Bewegung – und damit meine ich nicht nur das Plenum und die Arbeitsgruppen, sondern alle, die dazu beigetragen und somit den „transnationalen Migrant_innenstreik“ initiiert und getragen haben – ihre Bereitschaft und Fähigkeit, mit vermeintlichen Uneinigkeiten umzugehen. Diese Differenzen nicht nur als separat zu verhandelnde Konflikte, sondern als Teil der gemeinsamen Arbeit gegen Ausschlüsse und Diskriminierungen aufzufassen und konstruktiv zu problematisieren. Und dass alle mit dem Wissen und dem Selbstbewusstsein gehandelt haben, keine Opfer, Betroffene oder sonstiges zu sein, sondern sich als eine treibende Kraft in der Gesellschaft begriffen haben.

Radostina Patulova: Wir standen von Anfang an mitten in mehreren Dilemmata – wir wollten einen Tag der Artikulation von Migrant_innen schaffen, zugleich aber dazu beitragen, den Begriff „Migrant_in“ auseinanderzunehmen. Diese Widersprüchlichkeit belassen zu können, sie nicht los werden zu wollen und sie in die politische Arbeit konstruktiv mit aufzunehmen, ist eine wichtige Achse gewesen. Denn damit werden auch viele Fragen aufgeworfen: Wer folgt dem Aufruf zu einem „Migrantischen Streik“? Welche Gruppen, Kontexte, Initiativen fühlen sich davon angesprochen? Welche nicht und wieso? Wie lässt sich diese Widersprüchlichkeit verbalisieren? Wie lassen sich neue Kontakt- und Reibungsflächen schaffen? Aber es ging auch darum, einen Tag – und damit ein Ereignis – zu schaffen und zu situieren, anhand dessen Problematiken und Perspektiven der aktuellen Migrationspolitiken, aber auch die Kontinuität von Ausschlüssen und die verschiedenen, spezifischen Diskriminierungen aus unserer eigenen Perspektive artikuliert werden können. Dies bedeutet, aus der eigenen gesellschaftlichen Position zu sprechen, aber auch zu handeln. In diesem Sinn ist das Vorbereitungsplenum auch eine Bündelung von sich wechselseitig bedingenden und ermöglichenden Praktiken geworden.

Wie schätzt ihr die Resonanz und potenziellen Erfolge des Aktionstags ein?

Zoraida Nieto: Ich glaube wir sind da realistisch. Das was getan wurde, müsste weiter so verlaufen, um mehr erreichen zu können. Für mich persönlich war der Erfolg, dass dies alles von Migrant_innen selbst initiiert worden ist, und zwar gemeinsam mit allen, die nicht mitansehen wollen, wie wir alle in Österreich zu Unrecht behandelt werden. Dass wir aufgrund der Tatsache, in Österreich zu sein und zu leben, grausam und brutal zerrissen werden, kriminalisiert und illegalisiert, gezwungen, das Land zu verlassen und den Ausschluss mit Resignation auf uns zu nehmen, als wäre er etwas Normales. Wir haben uns zusammen getan für eine gleiche Causa. Auch die Organisierung der medialen Präsenz ist gelungen, und zwar gemäß der Inhalte, die wir vertreten. Der 1.März markiert den Beginn davon, etwas zu thematisieren, das auf ALLE zutrifft. Das Gesetz „rassisiert“ auch jene, macht jene zu „Anderen“, die es nicht sein wollen. Nach dem Motto, Österreich sei nur für Österreicher_innen da, und so müsse es bleiben! Genau das wollen wir verändern! Das Recht auf gleiche Rechte, unsere nachteilige Lage zu artikulieren, die uns ständig gefährdet, das war ein großer Erfolg – natürlich war dies aber erst der Anfang.

Radostina Patulova: Es gab eine Menge Erfolge. Einer der nachhaltigsten war das Zusammenwirken von unterschiedlichen Akteur_innen aus dem Feld der SOMs (migrantischen Selbstorganisationen) mit antirassistischen Gruppen und Initiativen, die in einer neuen Zusammensetzung gemeinsam die Installierung von einem neuen Tag der Artikulation sozialer Kämpfe entschieden und vorbereitet haben. Wir arbeiteten zwei Monate lang in Plena mit 40-60 Menschen, setzten unterschiedliche Agenden, vertieften Diskussionen, trugen Konflikte aus, suchten und fanden konsensuale Lösungen ohne dabei zu vergessen, Dissens zu üben. Beeindruckend für mich war der Zuwachs an Vertrauen, der hier stattgefunden hat, und die ungemein starke Involviertheit von sehr vielen. Trotz unterschiedlicher Meinungen und Zugänge und angesichts von mehrstündigen, oft herausfordernden Diskussionen wurde der Anspruch praktiziert, respektvoll miteinander umzugehen. Diese Tatsache mitzuerleben war toll. Die Stärke eines solchen temporären Kollektivs wird daran sichtbar, dass es darin möglich ist, Spannungen auszuhalten und sie produktiv zu machen. Das war eine tief beeindruckende Erfahrung für mich. Darüber hinaus haben wir verschiedene Kommunikationskanäle eröffnen können. In kürzeste Zeit ist eine sehr informative und sehr schöne Webseite entstanden, die auch mittelfristig als wichtiger Wissenspool dienen wird. Die gezielte Medienarbeit (wir arbeiteten mit alternativen, Community- und Mainstreammedien) hatte eine starke Medienpräsenz zur Folge. Das heißt, es konnten viele Menschen erreicht, Themen aus unserer Perspektive angesprochen und Kämpfe sichtbar gemacht werden.

Petja Dimitrova: Ein Zeichen für Erfolg war auch, dass alle Menschen, bei denen ich für den 1. März Werbung gemacht habe – also Freund_innen, Lokale, kleine Geschäfte, Callcenters, im Taxi, auf der Uni, auf Parties –, die Initiative sofort verstanden haben. Ich habe eher unterstützende und nie negative oder abgrenzende Reaktionen darauf bekommen. Es gibt also Bedarf nach der Sichtbarkeit einer starken kritischen Stimme von Migrant_innen – das ist in den nächsten Jahre zu berücksichtigen und damit kann gearbeitet werden.

Zur symbolischen bzw. politischen Bedeutung des Begriffs „Streik“: Ist das Konzept aufgegangen?

Petja Dimitrova: Meine Erfahrung aus den Mobilisierungprozessen war, dass es hinsichtlich des Streikbegriffs immer wieder Erklärungsbedarf gab. Im ersten Moment war der Streikaufruf für einige Leute verunsichernd, manche haben ihn mit Skepsis ausgenommen. Nach Gesprächen und „Vorschlägen“, was Streik alles bedeuten kann, auch im Sinne von „die Normalität begreifen und sie bestreiken“, ist der Begriff in einem antirassistischen Sinn recht positiv aufgenommen worden.

Can Gülcü: Ich habe andere Erfahrungen gemacht als Petja und war überrascht, wie viele auf Anhieb nachvollziehen konnten, dass es beim „Migrant_innenstreik“ nicht nur um einen Aufruf zur Arbeitsniederlegung geht, sondern auch um Sichtbarkeit und ein symbolisches „Zurückschlagen“. Und dass dabei alle möglichen Aktions- und Protestformen, die sich gegen Rassismen richten und Forderungen für Selbstbestimmung und Rechte aussprechen, möglich sind, auch außerhalb der Arbeitswelt. In dieser Hinsicht können wir schon von einem „Aufgehen“ sprechen – dass ohne eine zentrale Organisation, ohne zeitliche oder finanzielle Ressourcen viele Initiativen und Menschen aktiv an diesem Tag teilgenommen haben. Auch die relativ große Aufmerksamkeit der Massenmedien hing, glaube ich, teilweise davon ab, dass sie sich nicht ganz sicher waren, was auf sie zukommt. Mit der Angst, dass der Arbeitskampf ausbricht oder sonst etwas „Skandalöses“, und dass sie das verpassen könnten. Überhaupt hat der Begriff Streik etwas Fabulöses in Österreich, ständig sprechen alle über die sogenannte „fehlende Streikkultur“, wobei mir nicht klar ist, wie sich in einer Gesellschaft eine Streikkultur etablieren soll, in der Gewerkschaften zum einen in ihrer Rolle als dem Konsens verpflichtete Sozialpartner_innen einbetoniert und damit alles andere als „arbeitskampfwütig“ sind und zum anderen als protektionistische Mitgestalter_innen der Arbeitsmarktgesetze einen wesentlichen Grundstein für die rassistischen Verhältnisse gelegt haben und weitestgehend immer noch an einer diskriminierenden Zweiteilung der Arbeiter_innen festhalten.

Zoraida Nieto: Menschen mit migrantischem Hintergrund leben ständig in einem Teufelskreis, es wird mit aller Gewalt versucht, auch mittels Drohungen, das Fehlen an der Arbeitsstelle zu bestrafen. Es wird seitens der Arbeitgeber_innen sogar gegen Student_innen vorgegangen: Wir illegalisieren dich, du darf nicht arbeiten! Du wirst nie die Staatsbürger_innenschaft bekommen! Das ist auch der Grund dafür, warum ich mich eingemischt habe! Ich lebe seit fast 21 Jahren in Österreich, habe sie nie bekommen und stattdessen im Ausschluss studiert und gelebt, auch meine politische Arbeit sah ich verfolgt. Die Regierung hat Migrant_innen, die sich politisch artikulieren, keinesfalls gern! Aber die Gesellschaft kann ohne uns nicht existieren und überleben! Österreich glaubt aber, dass dies möglich ist, und das ist sehr gefährlich. Was in Österreich geschieht, hat nicht mit „Integration“, sondern mit völliger Assimilation und Akkulturation zu tun. Nur angepasste Migrant_innen haben das Recht, in Österreich zu bleiben, also ist „Schweigen“ und „Wegschauen“ angesagt. Streik ist ein revolutionärer Ausdruck, der sich gegen die unzähligen Jahre des Aufrechterhaltens rechtskonservativer und rechtsextremer Politik gegen bestimmte Menschengruppen in der österreichischen Gesellschaft stellt. Wie gesagt, „aufgegangen“ ist noch lange nichts. Wir machten aber nun mal bekannt, dass viele Menschen in Europa und in den USA begonnen haben, sich gegen Ausschlussmechanismen und Rassismus zu wehren.

Welche neuen oder spannenden Organisierungsformen kamen eurer Meinung nach im Rahmen des 1. März zu Tragen?

Zoraida Nieto: Spannend finde ich, diesem 1. März einen legalen Rahmen zu geben: Einen international anerkannten Tag zu etablieren, kann bedeuten: An diesem Tag können wir nicht nur aus dem einfachen Grund bestraft werden, eine Meinung gegenüber den politischen Eliten im Lande zu artikulieren. Weiters fand ich die Zusammenarbeit mit jenen Österreicher_innen spannend, die uns ernst nehmen. Ich denke, dass viele von ihnen im Sinne von sozialer Ungleichheit manchmal mit ähnlichen Situationen konfrontiert sein können. Also gibt es etwas gemeinsames in unseren Kämpfen. Diese Gemeinsamkeiten sind wichtig, um in der Konfrontation und gegenüber dem Rechtsruck im Lande nicht alleine zu sein! Und wir haben vor, weitere Aktionen mit einer solch breiten Basis an die Öffentlichkeit zu bringen.

Welche Organisierungsformen könnten diesbezüglich noch entwickelt werden oder wären eurer Meinung nach wichtig?

Zoriada Nieto: Die Zusammenarbeit muss weiter stimuliert werden. Assimilation ist sehr gefährlich und wird von den herrschenden Eliten im Lande systematisch gefördert, um den Ausschluss von Migrant_innen zu erreichen. Einer der nächsten Schritte sollte sein, gegen das Asyl-Unrechtspaket vorzugehen, auf das auch im Rahmen des 1. März Bezug genommen wurde. Wie gesagt, es ist der Beginn vielfältiger Aktionen und der Suche nach Kooperationen zwischen den unterschiedlichen sozialen Bewegungen im Lande.

Transportiert wurde unter anderem die Idee eines „strategischen Wir“, also der Versuch, mit Zuschreibungen wie „Migrant_in“ produktiv bis subversiv umzugehen. Was meint ihr dazu?

Can Gülcü: Ich möchte betonen, dass es sich bei diesem „strategischen Wir“ eben nicht um ein identitäres „Wir“ handelt, noch weniger um ein Zelebrieren der Differenzen, der Vielfältigkeit und so weiter. Dass nicht manche am 1. März gegen Rassismen, andere am 8. März gegen Sexismen und wiederum andere am 1. Mai gegen Ausbeutung und Prekarisierung kämpfen, und dabei diese verschiedenen Kämpfe eine Aneinanderreihung von „Kostümfesten“ mit sich abwechselnden Wir-Identitäten darstellen, sondern dass die jeweiligen Erfahrungen als Grundlage der unterschiedlichen Sprecher_innenpositionen akzeptiert, sowie Differenzen und Machtverhältnisse erkannt, anerkannt und permanent verhandelt werden müssen. Aber ein „strategisches Wir“ anzuwenden bedeutet für mich vor allem, dass es beim Widerstand gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse über gegenseitige Solidarität hinaus in erster Linie um das Bemühen geht, alle diese Kämpfe zu eigenen zu machen und als eigene auszufechten.

Radostina Patulova: Wir fragten uns, was unser Anliegen transportieren kann – auch auf einer sprachlichen Ebene. Denn ein „Wir“ jenseits vom grammatikalischen Horizont des „Ihr“ zu denken ist keine so leichte Aufgabe. Gemündet hat dies in der Überlegung, dass ein „Wir“ nur von einem „Alle“ übersteigert werden kann. In der Tat geht es uns um dieses „Alle“, welches viele Facetten hat: Auf den ersten Blick geht es um Migrant_innen plus Mehrheitsangehörige, um protektionistische Politiken und um die Vererbung von Privilegien oder Diskriminierungen. Aber es geht um viel mehr – um die Frage, wie gehandelt werden kann, damit gleiche Rechte – das Recht auf soziale Sicherheit, ein selbstbestimmtes Leben, gute Lebens- und Arbeitsverhältnisse für alle – im Zentrum stehen. Das ist der Spannungsbogen, der sich für uns aufmacht, wenn von einem strategischen „Wir“ die Rede ist. Wie es auch so schön in den Presseaussendungen stand: „Bei den Aktionen zum 1. März geht es um den Machtanspruch und die Sichtbarkeit einer heterogenen sozialen Gruppe, die sich transnational verständigt und solidarisiert. Damit sind nicht die Grenzen der Herkunft, sondern der Widerstand gegen politische und gesellschaftliche Machtverhältnisse, die Ungleichheit und Ausschlüsse produzieren, das gemeinsame Projekt.“

Zoraida Nieto: Wir sind nicht Objekte, sondern Subjekte einer gemeinsame Situation, wir befinden uns in ähnlichen Lagen und sind nicht nur so etwas wie „subversiv“. Die Unsichtbarmachung, insbesondere auch von Mädchen und Frauen mit migrantischem Hintergrund und deren sozialer Lage, zog sich über Jahrzehnte. Damit wurde schweigend die Art und Weise gerechtfertigt, in der mit uns umgegangen wird. Wenn ich darin dann „subversiv“ bin, freue ich mich. Denn ich gefalle den Herrschenden der Stunde sowieso auf gar keinen Fall! Und das ist gut!

Wie könnte der 1. März zu einem ähnlich historischen Tag werden wie der Frauenkampftag am 8. März oder der 1. Mai als Kampftag gegen Ungleichheit und Prekarisierung im Bereich der Arbeit?

Zoraida Nieto: Indem wir an der Sache dran bleiben. Denn uns alle werden sie nicht aus dem Land schaffen können. Für uns war es so: Dieses Jahr ist Schluss damit! Es muss klar werden, dass es ohne uns nicht mehr zu denken ist. Österreich befindet sich da in einem ungeheuerlichen Wahn, der leider schon Extreme zeigt. Ich will keine Gesellschaft, wo selbst Österreicher_innen sich fragen, ob ihre Leute wahnsinnig geworden sind: Wo Kinder ins Gefängnis gesteckt werden. Wo du – von der Ankunft angefangen – völlig von allen Rechten abgeschnitten wirst. Sehen wir es nicht, wie unsere Familien, Eltern, Geschwister und Kinder behandelt werden? Europa hat zu Unrecht die Türe definitiv geschlossen. Diejenigen, die bleiben, sehen mit Tränen, wie andere durch illegale Abschiebungen zu Unrecht das Land gewaltsam verlassen müssen. Nie hätte ich mir vorgestellt, dass es mir gegenüber so viel Hass gibt, nur weil ich Venezolanerin bin! Ich denke aber auch, dass nicht nur wir, sondern auch Mehrheitsösterreicher_innen prekarisiert werden. Wir müssen uns also für unsere Rechte definitiv einsetzen! Der Schrei nach Gerechtigkeit und einem gerechten Leben in Würde wird von den sozialen Bewegungen getragen. Und ich halte es auch für möglich, auf Regierungsebene daraus einen historischen Tag zu machen. Das schaffen wir dann, wenn wir gemeinsam bleiben und die taktischen Antworten für unser Handeln in den Händen behalten!

Can Gülcü: Wenn es um Rassismen geht, um Sexismen oder um ausbeuterische Herrschaftsverhältnisse könnten die meisten Menschen auf der Welt jeden einzelnen Tag zum Kampftag erklären. Aber die Frage, wie dieser eine Tag zum Erreichen einer größeren Sichtbarkeit einerseits und als Anlass für Erfahrungsaustausch und Vernetzung andererseits als „historischer“ Tag etabliert werden könnte, hängt für mich unmittelbar von der Weiterentwicklung der Bewegung hinsichtlich ihrer Transnationalität ab. Die Hauptsache dabei ist weniger ein konkretes Datum, sondern die Frage, wie die transnationale Zusammenarbeit weiter ausgebaut werden kann, wie wir es schaffen, diesen Tag über Grenzen hinweg und im Wissen um die unterschiedlichen Situationen und auch um die Gemeinsamkeiten, symbolisch aufzuladen.

online seit 27.03.2011 15:01:59 (Printausgabe 53)
autorIn und feedback : Katharina Morawek


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